Kein Unterricht, keine Einnahmen, oftmals keine staatlichen Hilfen und auch kein Kurzarbeitergeld für Schulpferde aber die Kosten für die vierbeinigen Mitarbeiter laufen weiter: Den Vereinen und Betrieben mit Schulpferden steht das Wasser bis zum Hals. Wie genau es den Reit-, Fahr- und Voltigierschulen geht, zeigen die Ergebnisse einer bundesweiten Umfrage der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) im Februar 2021 zur wirtschaftlichen Situation der Vereine und Betrieben mit Schulpferden.

Eine sachsenspezifische Auswertung lieferte Zahlen die ein ernstes Bild liefern:

Insgesamt 127 Vereine und Pferdebetriebe mit Schulpferde- oder Voltigierangeboten aus Sachsen haben sich an der Befragung beteiligt, knapp dreiviertel von ihnen sind Mitglied des Landesverbandes Pferdesport Sachsen e.V.. Genauer hingeschaut teilen sich die Teilnehmer der Umfrage in 25 Vereine (28%), 71 Pferdebetriebe/Reitschulen (gewerblich) (56%) und 21 Pferdebetriebe (landwirtschaftlich) (17%) auf. In Summe stellen diese stolze 1.149 Schulpferde, davon 161 Voltigierpferde zur Verfügung. Davon stehen 277 in Vereinen, 719 in gewerbliche Reitschulen und 153 auf landwirtschaftlichen Betrieben. Mit im Durchschnitt neun Schulpferde/-ponys je Verein/Betrieb, ergibt sich beim genauen Hinschauen folgende Verteilung: 32% haben 1-5 Schulpferde/-ponys, 38% 6-10 Schulpferde/-ponys, 20% 11-15 sowie weitere 11% mehr als 16 Schulpferde/-ponys.

Staatliche Hilfsprogramme passen nicht für den Pferdesport
Nachdem 80% der teilnehmenden Vereine und Pferdebetriebe mit Schulpferde- oder Voltigierangeboten angaben, die vorhandenen Hilfsprogramme (z.B. Soforthilfe, Novemberhilfe, Überbrückungshilfe) zu kennen, ergab die Frage nach deren Verständlichkeit ein weniger gutes Bild. Für mehr als dreiviertel sind Förderkriterien der bekannten Programme mittelmäßig bis sehr schlecht nachvollziehbar und verständlich. Trotz allem, haben 66% für ihren Vereine oder Betrieb bereits Unterstützung aus den Corona-Hilfsprogrammen beantragt. In Zahlen sind dies 9 Vereine, 37 gewerbliche Reitschulen sowie 3 landwirtschaftliche Betriebe. Für knapp 60% wurde der Antrag bereits bewilligt. Ein trügerisches Bild, wenn man die Antworten auf die Frage: „Warum haben Sie keine Hilfe beantragt?“ anschaut: für 82% haben die Förderkriterien keinen Antrag zugelassen und für weitere 13% verhinderten zu komplizierte Anträge die Antragstellung.

Gravierende Existenzbedrohung für Sachsens Reitschulen
Eine weitere, sehr wichtige Erkenntnis brachte die Frage: „Ist das Schulpferde- und/oder Voltigierpferdeangebot akut in seiner Existenz gefährdet?“. Lediglich 4,7% gaben an, dass der wirtschaftliche Schaden vom Verein/ Betrieb wahrscheinlich gut zu überstehen sei (drei Vereine, zwei gewerbliche Reitschulen, ein landwirtschaftlicher Betrieb). Insgesamt 66 Teilnehmer der Umfrage und damit mit 52% über die Hälfte beantworteten die Frage nach einer akuten Existenzbedrohung mit „Ja“. Neben 18 Vereinen haben dies 42 gewerbliche Reitschulen und 6 landwirtschaftliche Pferdebetriebe angegeben. Zahlen die aufhorchen lassen. Weitere 55 Teilnehmer, sprich 43,3%, sehen zwar aktuell noch keine Existenznot, gaben aber an, dass die Situation schwierig ist.

Die Vereine und Betriebe, deren Situation bereits existenzbedrohend ist, wurden um eine weiterführende Einschätzung gebeten. Während knapp 20% ihre Existenz auf weniger als sechs Monate schätzen, geben sich mit über 62% der Großteil nur weniger als drei Monate. Besonders akut ist es für 18%, sie gaben ihre Existenz auf weniger als vier Wochen an.

Schulpferde stehen zum Verkauf, Sportart verliert die Basis
Noch schwerwiegender waren die Antworten auf die Fragestellung, ob die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie so gravierend sind, dass die Schul-/Voltigierpferde abgegeben werden müssen. Erschreckend hoch ist die Zahl der Vereine/Betriebe, die dieses Damoklesschwert über sich schweben sehen: 45 Teilnehmer der Umfrage sagten, Schul- und/oder Voltigierpferde verkaufen zu müssen (11 Vereine, 29 gewerbliche Reitschulen, 5 landwirtschaftliche Betriebe). Hoffnungsvoll erscheint die Tatsache, dass 82 einen Verkauf ihrer Pferde und Ponys verneinten.

Dennoch wurde die Anzahl der Schul-/Voltigierpferde, die auf Grund der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie und des Lockdows bereits oder kurzfristig abgeschafft werden müssten, auf 173 beziffert.

Ein für jede Reitschule aber auch die sächsische Gesellschaft großer Verlust. Schulpferde sind vierbeinige Lehrer, Seelentröster, Sportpartner und Mitarbeiter mit einer wertvollen Ausbildung und Kompetenz, die sich nicht so leicht wiederbeschaffen lässt.

  
Pressemitteilung im Verbandsmagazin

Im Verbandsmagazin PFERDE in Sachsen und Thüringen Ausgabe 04/2021 wurde ein Artikel mit den Umfrageergebnissen und passenden Grafiken veröffentlicht.  

Offener Brief an die Landespolitik

Neben der bundesweiten Initiative der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) werden die sächsischen Ergebnisse durch den Landesverband Pferdesport Sachsen e.V. genutzt, um gegenüber der Politik den Ernst der Lage in den Reitschulen mit Daten zu belegen und die Freigabe für Gruppenunterricht unter Hygienebedingungen zu erreichen.

Sowohl das Schreiben an den Sächsischen Wirtschaftsminister Herrn Martin Dulig als auch den Sächsischen Sportminister Herr Prof. Dr. Roland Wöller sind als Download verfügbar.