Vom 28. Mai bis 1. Juni war es wieder soweit: Das 94. Deutsche Spring- und Dressur-Derby, erstmals unter neuer Federführung von Matthias Alexander Rath und Al Shira’aa ist entschieden. Neben dem geschichtsträchtigen Springderby fand selbstverständlich wieder Springsport bis CSI5* und Dressursport der Extraklasse, inklusive dem 65. Deutschen Dressur-Derby, statt.
Neben ‚unserem‘ zweifachen Derbysieger Marvin Jüngel vom RSV Rothenburg OL, ging auch Felix Wassenberg vom RFV Paulushof Zwickau e.V. erstmals in der Derbytour mit an den Start. In der Dressur konnte ebenfalls erstmals Tina Kage vom RFV Rosenhof Görlitz in der Louisdor-Preis Qualifikation an den Start gehen.
SPRINGEN
Schafft Marvin den Hattrick beim Dt. Spring-Derby? Das haben sich wohl alle im Vorfeld gefragt – egal ob vor Ort oder zu Hause vor dem Fernseher. Die ersten beiden Qualifiaktionen mit seiner Derbystute Balou’s Erbin OLD liefen gut, am Mittwoch drehten die Beiden eine entspannte Runde „Zum Warmwerden“ mit nur einem Hindernisfehler. Am Freitag dann mit etwas mehr Tempo gelang der Sprung in die Platzierung mit Rang sechs. Die Spannung am Sonntag war hoch. Als Zuschauerliebling mit den Fans auf den Besucherrängen ritt Marvin als 28. Starter in den Parcours. Dieser startete gut, dann kam der berühmt berüchtigte Wall und die Planke fiel. Bis zum Schluss blieb es dennoch spannend, Souveränität und feines Reiten prägten den Ritt. Dann das letzte Hindernis, die Mauer, die die letzten beiden Jahre bereits gefährlich wackelte, wollte in diesem Jahr nicht stehenbleiben und setzte Marvin die 8 Fehlerpunkte aufs Konto. Das bedeutete schlussendlich Rang neun. Im schwersten Parcours der Welt zeigte das Paar erneut, was wahre Partnerschaft bedeutet, und wurde dafür mit dem Anrecht-Investment Harmonie & Fairness Stil Preis ausgezeichnet, welcher durch das Publikum per Live-Voting verliehen wurde. Eine ganz besondere Ehre und ein Ausrufezeichen in Sachen Horse-Man-Ship für den sympathischen U25-Reiter, der an dem Tag Geburtstag hatte.
Auch erstmals in Hamburg in der Derbytour mit am Start war Felix Wassenberg mit seinen beiden Pferden Elegant de l’Ile und Diamaro. Am Samstag im Speed-Derby zeigte er mit Diamaro bereits, dass ihm der Hamburger Rasen liegt und konnte diesen fehlerfrei ins Ziel und damit auf Rang sechs bringen. Mit seinem Fuchs Elegant de l’Ile liefen die beiden Qualifikationen ebenfalls gut, die Ausgangslage für Sonntag war geschaffen und Felix musste als erster Starter den Parcours eröffnen. Und von diesem Ritt war nicht nur der Kommentator Carsten Sostmeier begeistert. Mit viel Überblick und Ehrgeiz begann der Parcours fast spektakulär: Den Derbywall meisterten die Beiden souverän, die Planke, die Marvin zum Verhängnis wurde, war für Felix kein Problem, auch die berüchtigten Eisenbahnschranken überwand das Paar fehlerfrei. Nach der Ziellinie hieß der Ergebnis 16 Fehlerpunkte, ein starker Auftritt der Beiden und am Ende ein 16. Platz, hoffentlich Motivation genug, um es in den nächsten Jahren erneut zu versuchen.
Zwei Reitern gelang eine fehlerfreie Runde. Der eine ein Derby-Spezialist und schon dreimaliger Derby-Sieger: André Thieme auf dem elfjährigen Paule S. Der andere eigentlich ein olympischer Vielseitigkeitsreiter, der sich speziell für das Hamburger Derby ein Pferd geliehen hatte: der Spanier Esteban Benitez Valle auf dem ebenfalls elfjährigen C the Stars. Diesen beiden Paaren gelangen die 164. und 165. Nullrunde in der Geschichte des Deutschen Spring-Derbys. Das Stechen musste entscheiden. Benitez Valle ritt zuerst ein, drückte nicht zu sehr aufs Gas und lieferte eine Runde mit einem Abwurf. Aber dann: Der Spanier musste disqualifiziert werden, weil er eine Wendemarke im Stechparcours ausgelassen hatte. Thieme folgte, wusste, dass er ‚nur‘ über die Ziellinie kommen muss, um zu gewinnen und – siegte.
Ein weiteres Highlight an dem Wochenende war Große Preis von Hamburg am Samstag, ein Springen über 1,60m, in dem Marvin die kleine Kampfmaschine DSP Kontendra S an den Start brachte. Neben dem Olympiasieger Kukuk mit seinem Olympiapferd Checker waren Christian Ahlmann oder Peder Fredricson nur ein paar der namhaften Konkurrenten. Kontendra zeigte was in ihr steckt – mit unglaublicher Sprungkraft und hoch angelegtem Tempo überwanden die Beiden ihren ersten 1,60m Parcours in der zweitschnellsten Zeit, mit nur einem leichten Fehler am Einsprung der dreifachen Kombination. Da nur acht Reiter-Pferd-Paare den Umlauf fehlerfrei überwanden und im Stechen um den Sieg kämpften, konnte sich Marvin noch über einen wunderbaren 11. Platz freuen. Der Sieg ging nach 2013 und 2022 zum dritten Mal an Christian Ahlmann, diesmal mit Dourkhan Hero Z, vor dem Olympiapaar Kukuk und Checker.
Auch die jungen Pferde konnten sich in Hamburg dem großen Publikum präsentieren. In der TheurerTrucks 2GO Youngster Tour hatten Marvin und Felix je einen Nachwuchsstar mit dabei. Quality Lady unter Felix konnte ihre Qualitäten auf dem großen Rasenplatz direkt unter Beweis stellen: Mit einer Nullrunde im zweiten Springen schafften die Beiden den Sprung in die Platzierung, weitere schöne (Null-)Runden rundeten den Auftritt in Hamburg ab. Don Corleone Z unter Marvin hatte ein paar Stangen mehr auf seinem Konto, der Auftritt für die jungen Pferde ist in dieser Atmosphäre nicht zu unterschätzen.
Schließlich hatte Marvin auch seine zweite Schimmelstute Helene mit nach Hamburg gebracht, um mit ihr in CSI5* Springen an den Start zu gehen. Im Preis der Deutschen Kreditbank AG der Al Shira’aa CSI5* Tour lieferten die Beiden direkt eine schnelle und fehlerfreie Runde ab und konnten sich damit einen hervorragenden Rang sechs sichern. Am Samstag begann der Parcours ebenso zielstrebig mit gut angelegtem Tempo, dann die Schrecksekunde – ein kurzes Missverständnis reichte aus und die Stute sprang zu früh ab, das Reiter-Pferd-Paar landete im Oxer, nicht dahinter. Nach kurzem Check war klar, es ist niemandem etwas passiert und Marvin konnte seine Stute unbeschädigt vom Platz führen. Auch vor solchen Dingen bleiben die Profis nicht verschont.
DRESSUR
Aus Görlitz kam Tina Kage mit ihrer Nachwuchsstute DSP Future Girl nach Hamburg, um im Preis der Liselott & Klaus Rheinberger Stiftung, einer Qualifikation für den berühmten Louisdor-Preis, den Grand Prix für Nachwuchspferde, an den Start zu gehen. Die neunjährige Stute mit Quaterback zum Vater zeigte mit Tina eine solide Vorstellung und konnte mit Noten bis 69,342 % beeindrucken. Die Gesamtnote von 67,447 % bedeutete einen siebten Platz in namhafter olympischer Konkurrenz von Isabell Werth, Frederic Wandres und co. Die Nachwuchsttute, welche unser Pferd des Jahres 2024 war, gab damit einen hoffnungsvollen Ausblick auf die sportliche Zukunft und wir sind gespannt, ob wir das Paar im Finale des diesjährigen Louisdor-Preises bewundern dürfen.